Es gab einmal einen Zoo, der war schon recht alt, aber er war sehr gut ausgestattet und die dort lebenden Tiere wurden bestens versorgt. Sie waren allesamt dort geboren und es fehlte ihnen so gut wie an nichts.
Die Löwen und die Wölfe lebten in zwei von einander abgetrennten Gehegen. Ihre Reviere hatten einen gemeinsamen Zaun und manchmal trafen sich die Tiere dort, lagerten an dieser Grenze und erzählten vom Leben auf ihrer Seite. Ein beliebtes Spiel zwischen ihnen war die Frage, wessen Gehege das Schönere und Größere sei und wer das bessere Futter erhielt.
Eines Tages wurde ein neuer Wolf ins Gehege gebracht. Er verhielt sich ein bisschen sonderbar und es fiel ihm offensichtlich nicht leicht, die eingespielten Regeln zu verstehen. Nach einiger Zeit erzählte er seinen Mitwölfen – und auch den Löwen, denn es war Abend und die beiden Rudel hatten sich wieder einmal im Schatten am Zaun getroffen -, dass er aus der Wildnis kam.
„Was ist diese Wildnis?“ fragten die anderen.
„In der Wildnis kann man tagelang laufen, ohne auf einen Zaun zu treffen. Man jagt sein Fressen und niemand setzt dem Leben eine Grenze“, sagte der Neuankömmling.
Weil er sehr groß und sehr stark war, taten die anderen Tiere so, als wären sie an seiner Geschichte interessiert. Sie stellten viele Fragen über diese Wildnis und sprachen anerkennende Worte.
Hinter seinem Rücken jedoch lachten sowohl die Wölfe als auch die Löwen über ihn und waren sich einig: „Noch nie im Leben haben wir einen so dreisten Lügner erlebt wie diesen.“
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Wenn Menschen mit der Größe ihres Verstandes prahlen, dann ist das so als ob sie sich darüber stritten, wer die größere Gefängniszelle bewohne.