Kürzlich wurde ich angefragt, einen Artikel für eine Mediationszeitschrift zu schreiben über die – potentielle – Alltagswirkung von Mediation.
Meine Erfahrung und die daraus folgende Hypothese ist, dass Mediationen über den konkreten, strittigen Sachverhalt hinaus eine Wirkung haben kann und m.E. nach oft auch hat.
Ist das wirklich so und wenn ja – welcher Art könnten diese Wirkungen sein?
Kann Mediation etwas Grundsätzliches bei den Konfliktparteien und in den Systemen, in denen sie stattfindet, verändern – und zwar über die spezifische Situation und Lösung hinaus?
Ich fände es spannend, die Frage aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten:
- aus der Sicht von Mediatorinnen und Mediatoren,
- aus der Sicht von Menschen, die an einer Mediation teilgenommen haben,
- aber auch aus der Sicht von Teilnehmenden an Mediationsausbildungen.
- Und vielleicht auch aus der Sicht von Außenstehenden, die selbst nicht an einer Mediation beteiligt waren, aber Auswirkungen einer Mediation in ihrem Umfeld wahrgenommen haben.
Und um einen möglichst breiten, wenn auch wahrscheinlich keinen repräsentative Einblick zu erhalten würde ich mich hier an dieser Stelle über Kommentare von euch freuen:
- Welche Erfahrungen habt ihr mit Mediationen gemacht – als MediatorInnen oder als Konfliktparteien?
- Hatte die Mediation Auswirkungen über die spezifische Lösung hinaus? Wenn ja, welche? Wenn nein – hattet ihr diesbezüglich Erwartungen oder Hoffnungen, die sich leider nicht erfüllt haben? Woran mag das gelegen haben?
- Hat sich durch eure Tätigkeit als Mediatorin oder Mediator irgendetwas in eurem Leben verändert? Zum Besseren?
- Welchen Einfluss hatte die Mediationsausbildung auf euch, euer Alltagsverhalten, euer Leben?
Vielen Dank im Voraus für euer Mitdenken und das Teilen eurer Gedanken dazu.
Hallo,
ich bin zufällig auf Ihren Fach-Blog gestoßen und bin überrascht, wie alltagsnah viele der Postings sind. Mit Mediation habe ich nicht viel zu tun, war jedoch vor einigen Jahren gezwungen, in unserer Firma an mehreren Konfliktgesprächen teilzunehmen. Das anfänglich in Aussicht gestellte Ziel, eine Lösung zu finden, die alle Beteiligten zufriedenstellen wird, hielt ich für übertrieben und unrealistisch. Zu groß schienen mir die Differenzen, die sich nicht nur im Team, sondern auch zwischen Team und Abteilungsleitung zeigten. Die Gespräche wurden uns angepriesen als Alternative zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Ich muss zugeben, dass ich sowohl von den Gesprächen als auch vom Ergebnis sehr überrascht war. Die beiden Moderatoren (Frau + Mann) hatten es verstanden, allen gleichermaßen Gehör zu verschaffen. Das war eine gute Voraussetzung, um die sehr feindselige Atmosphäre im Team zu entspannen.
Ich weiß leider nicht mehr genau, wie sie das hinbekommen haben, aber bei mir ist nachhaltig der Eindruck geblieben, dass wir bei Unstimmigkeiten und Konflikten oft zu pessimistisch denken. Langfristige Veränderung hat es insofern gegeben, dass wir seitdem regelmäßige Teamsitzungen machen, in denen Probleme frühzeitig angesprochen werden. Es ist nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen bei uns und ich finde es bedauerlich, dass es diese Möglichkeit von moderierten Teamgesprächen nicht weiterhin gibt.
Ob sich durch diese Erfahrung bei mir etwas verändert hat, kann ich nicht sagen, aber ich denke, dass ich heute bei einem Streit eher bereit bin zuzuhören und die Flinte nicht sofort ins Korn zu werfen.
Hallo Frau K.
vielen Dank für Ihren Beitrag. Es freut mich zu lesen, dass die Mediation in Ihrem Team nachhaltig erfolgreich war und Sie dadurch mehr Zuversicht für gute Konfliktregelungen gewinnen konnten.
Wenn Sie es bedauern, dass es nicht weitere moderierte Teamgespräche gibt – wie wäre es, das bei der Abteilungsleitung anzuregen? Vielleicht teilt die Leitungen ja Ihre Einschätzung, dass diese Art von Gesprächen lohnenswert sind und wartet nur auf einen Anstoß seitens des Teams?
Herzlichen Gruß
milan
Da ich hier im Ausland im Friedensdienst bin, nur eine kurze Antwort: Unser Mediationseminar waerend der Ausbildung war super und hat mir total viel gebracht. Am besten hat mir gefalen, das wir nicht danach suchen brauchen wer Recht hat sondern beide Seiten verstehen sollten. Das hilft mir hier im Friedensdienst am besten. Meine Freundin sagt das ich viel offener geworden bin aber das ist wohl durch das ganze Seminar geworden. Privat habe ich noch keine Mediation gebraucht aber es waere spannend das mal zu erleben.
Hallo Yasin,
danke für Ihre Antwort. Dass Sie die Erfahrungen des Mediationsseminars im Friedensdienst nutzen können, kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe vor einigen Jahren auch bei der Ausbildung von Friedensfachkräften mitwirken können und durfte erleben, wie engagiert und motiviert die Teilnehmenden waren. Es war eine Freude für mich, die Workshops dort zu leiten. Ihre Erfahrung, dass Sie durch das Seminar offener geworden sind, bestätigen auch viele unserer Trainees.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Auslandseinsatz,
herzliche Grüße
milan
Hallo. Ich bin auf diese Seite gestoßen, weil ich für mein Studium ein Referat über Mediation halten soll. Bisher habe ich nicht viel Erfahrung mit dem Thema, außer dass sich meine Eltern vor einigen Jahren haben scheiden lassen. Und statt zum Gericht zu gehen, haben sie das mit Beratung und Mediation geregelt. Meine Schwester und ich hatten damals viel Angst, weil wir die Beiden nicht verlieren wollten und es war sehr beruhigend, dass wir an einigen Treffen teilnehmen durften. Im Nachhinein hat mich beeindruckt, wie erst wir von dem Mediator genommen wurden, obwohl wir ja beide noch Teenies waren. Dadurch hat sich unsere sehr Angst verringert. Meine Mom und mein Dad sind heute noch gut befreundet, das ist sicher ein Gewinn der Mediation. Es wäre sicher gut, wenn bei Scheidungen mehr Menschen die Mediation in Betracht ziehen würden.
Hallo,
danke für Ihren Beitrag hier. Finde ich klasse, dass Sie die Mediation in ihrem Studium präsentieren wollen.
Ihr Beispiel zur Scheidungsmediation Ihrer Eltern finde ich sehr berührend. Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass es einen Unterschied für die zukünftige Beziehung Ihrer Eltern gemacht hat, sich für eine Mediation statt einer Auseinandersetzung über Anwälte zu entscheiden. Die Scheidungsmediation ist zwar keiner meiner Schwerpunkte, aber wie auch bei anderen Mediationen wird der Gestaltung einer positiven Beziehungsebene sehr große Bedeutung eingeräumt. Schön auch zu lesen, dass Sie mit Ihrer Schwester so ernst genommen und auf Augenhöhe gehört wurden.
Werden Sie das in Ihrem Referat erwähnen? Wenn es für Sie nicht zu persönlich ist, könnte das ein schöner, authentischer Aufhänger zum Einstieg sein, da Sie ja ein Teil auch aus eigener Erfahrung berichten können.
Viel Erfolg dafür,
herzlichen Gruß
milan
Moin moin,
ich habe meine Mediationsausbildung vor ca 7 Jahren in Norddeutschland gemacht. Damals war ich noch im Studium, jetzt arbeite ich in einer Familien- und Jugendberatungsstelle. Manches in der Ausbildung war mir sehr neu, z.B. WinWin-Lösungen und die Zurückhaltung bei der Lösungsfindung. Dadurch wurde mein Beraterprofil sehr beeinflusst. Am meisten gelernt habe ich dadurch, dass die Prinzipien der Mediation so gut von den beiden Leiterinnen gelebt wurde. Das hat mich nachhaltig beeindruckt und sie sind heute noch ein Modell für mich, an dem ich mich gern orientiere.
Ich glaube, dass die professionelle Haltung in meinen Beratungen auch auf mein Privatleben Einfluss hat. Als Mann hatte ich es früher nicht so mit den Gefühlen, jetzt kann ich mich auf diese Ebene viel besser einlassen. Ich weiß nicht, ob meine Frau das ebenso sehen würde, aber sie hat mich halt vorher nicht so gekannt.
Meine Vermutung wäre, dass eine Mediationsausbildung besonders bei Männern auch für ihre privaten Beziehungen sehr lohnenswert ist.
Meditation ist nicht gleich Meditation. Es kommt auf den Grad der Reflexion an, ob du deine Gefühle während dessen transformieren kannst. Ich mache deshalb aktive Meditation mit Seelenschreiben. Da transformierst du sehr viel durch starke Reflexion über das Seelenschreiben. Du siehst deine Gefühle auf dem Papier und kannst sie dort leichter verbessern oder korrigieren als im Kopf oder sonst wo innen. Damit du dir deiner bewusster wirst, schaue dich im Spiegel an. Das Papier oder Schreibgerät spiegelt dir dich. Damit bekommst du deine Gedanken (deinen Geist) unter Kontrolle. Du transformierst störend Gefühle mit der aktiven Meditation.
Clemens Kuby
Hallo milan,
ich kann gar nicht so viel schreiben, weil ich in meinem Alltag keine Mediationen mache und auch nicht gemacht habe. Was ich aber relativ oft merke ist, dass ich einige der Elemente verwende, wenn ich mal wieder streitende Schüler zur Vernunft bringen muss :-).
Was ich auch oft merke ist, dass Mediation für mich nicht primär ein Konzept ist, dessen Bestandteile ich nutze, sondern eine Haltung in meinem Alltag.
Und was mir auch auffällt ist, dass die Mediation ihren Weg in den Alltagsdiskurs gefunden hat und (zumindest in meinem beruflichen Umfeld) immer wieder benutzt wird bzw. das, was die Leute davon halten. Sehr unprofessionell ist das. Im Zuge dessen wird auch überhaupt nicht überlegt, was denn gegen eine Mediation im konkreten Fall sprechen könnte.
Und – last but not least – ist es wie immer: Dass jemand eine entsprechende Weiterbildung gemacht haben, heißt noch lange nicht, dass er die Grundsätze auch in seinen privaten Alltag integriert und Konflikte fair und konstruktiv angeht.
VGA aus Stuttgart
Christina
Hallo Milan,
nach einigen tollen Seminaren mit Dir und einigen Jahren Berufserfahrung kann ich zu dem Thema folgendes sagen. Ich bin im Untericht entspannter als früher. Das hat zwei Gründe. Erstens hat sich durch die Ausbildung meine Einstellung zu Konflikten und Störungen im Unterricht gewandelt. Ich sehe solche Situationen nicht als Provokation gegen meine Person, sondern ich versuche die Bedürfnisse der Beteiligten offenzulegen. Dabei benenne ich auch meine Bedürfnisse offen und direkt, um Missverständnissen vorzubeugen. Zweitens weiß ich, dass ich genügend Werkzeuge dabei habe, um Konflikte lösen zu können.
Auch werde ich manchmal von Kollegen oder der Schulleitung gebeten, bei schwierigen Gesprächen dabei zu sein.
Ich wende Mediation im Unternehmenskontext an. Ein Beispiel aus jüngster Zeit, das zu Deiner Fragestellung passen könnte, ist folgendes: im Rahmen des Teamworkshops konnte ich einen Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern mediieren. Die Führungskraft hat mir 4 Wochen später bei der Nachbesprechung geschildert, dass sich nicht nur die Zusammenarbeit zwischen den beiden ’normalisiert‘ habe, sondern dass er feststellt, dass die Stimmung im gesamten Team besser und entspannter geworden ist: „Zum ersten Mal seit einem Jahr lachen die Mitarbeiter wieder miteinander.“
VG Ursula
Vor etwas mehr als zwei Jahren hatten wir eine betriebliche Mediation, um Unstimmigkeiten in unserer Abteilung beizulegen. Die Fakten waren recht komplex, es gab mehrere strukturelle Veränderungen, aber am besten ist mir in Erinnerung geblieben, was mir damals als Nebensächlichkeit schien: Wir hatten u.a. vereinbart, dass wir einmal pro Woche mit dem gesamten Team ein gemeinsames Mittagessen in der betrieblichen Kantine einnehmen wollten. Diese informellen Treffen haben die Stimmung nachhaltig so positiv beeinflusst, dass ich dies zur Anregung nahm, in meiner Familie dafür zu sorgen, dass wir an zwei festen Tagen mit allen Kindern, vor allem hatte ich da unsere beiden Pubertierenden im Blick, zu Abend essen würden. Auch hier gab es eine deutliche Änderung zum Besseren.
Seitdem bin ich nicht nur ein Propagandist von gemeinsamen Essen, sondern bin mir bewusst, dass die Beziehungen – egal ob in der Familie oder auf Paarebene, in einer Abteilung oder einer Freundschaft, nicht ohne Pflege gedeihen können. Früher dachte ich, das ergibt sich automatisch. Über unsere Mediation habe ich eine kleine Lebenslektion erhalten. Das ist für mich Mehrwert.
Aus der Sicht eines Mediators:
Alle Beteiligten, Konfliktparteien und Mediatioren, erleben, dass sich scheinbar unlösbare Situationen in neue, bessere, lebendigere „Zustände“ verwandeln. Diese Transformation geschieht nicht durch das handwerkliche Geschick des Mediators oder die eiserne Disziplin der Parteien, sondern ist ein „Naturgesetz“, das nach meiner Erfahrung meist nach einem gemeinsamen „ins-Schwimmen-kommen“ erlebt wird. Diese hilflosen Momente in der Mediation, auch für den Mediator, sind die Voraussetzung dafür, dass etwas Neues für die Konfliktparteien entstehen kann. Um im Bild zu bleiben: das Verhärtete hat sich verflüssigt, jetzt kann der Fluss die Beteiligten weiter tragen. Der so belastend erlebte Konflikt hat zugleich die Energie enthalten, etwas Neues, Größeres zu finden.
Diese Erfahrung, einmal gemacht z.B. in einer Mediation, hat Auswirkung auf die Sicht aufs Leben, gerade dann, wenn es schwierig wird: Das Schwere ist die Tür zum Größeren. Der Mediator „macht“ das nicht, aber er weiß darum und ermutigt die Parteien, den Sprung in den Fluss zu wagen.
Als Mediatorin mit Menschen in Organisationen erlebe ich unterschiedliche Momente in der Mediation, die eine Verhaltensänderung auch über die Mediation hinaus bewirken können. Ein solcher Moment tritt zum Beispiel ein, wenn Teilnehmer für sich entdecken, dass ihre Worte so gelassen werden wie sie sie verstanden wissen wollen. Zuerst können Teilnehmer es als mühsam empfinden, schon wieder dasselbe vom schweren Konflikt zu berichten. So oft ist dies schon getan worden und genauso oft ist man gegen Wände gerannt, unterbrochen und mit Gegenpositionen befeuert worden. Nun ist es anders. Es gibt Raum, Zeit und Aufmerksamkeit für die eigenen Worte. Das schafft Entlastung. Übrigens nicht nur beim Sprechenden sondern auch beim Zuhörenden. Es muss nichts gerade gerückt werden, es muss keine wahre bzw. richtige Version gefunden werden, Diese ohnehin schier unlösbare Aufgabe fällt weg. Es geht nur darum, den anderen in seiner eigenen Sicht einfach so lassen. Man zeigt ja kein Einverständnis mit dem Gesagten, wenn man schweigt. Man lässt einfach die Verantwortung für die gesprochenen Worte beim Sprecher. So einfach. So einfach? Sicher nicht, aber doch ein Anfang, sich anders zu verhalten und auch sein Gegenüber zu Worte kommen zu lassen und nur zuzuhören. Ganz unabhängig von der Situation in der Mediation.
Hallo Milan, werte Leser!!
Ich bin seit ca. 20 Jahren in der Jugenhilfe in verschiedenen Funktionen tätig. Von Gruppenerzieher, Gruppenleiter, Fachdienst Elternarbeit bis hin zu ambulanter Familienhilfe mit Familientherapeutischen Hintergund. Hierbei war ich selbstverständlich zu jederzeit mit Konflikten verschiedenster Art konfrontiert.
In der Tat ist es für mich sehr interessant mich mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich habe meine Arbeitskollegen heute gefragt was sie an meiner Stelle antworten würden.
Rückmeldungen hierzu waren: der professionelle „Aufenthalt“ auf der Metaebene um Konflikte und daraus entstehende Situationen zu analysieren und auf eine sachliche Ebene zu bringen. Dies scheint meine Kollegen zu beruhigen (mich im übrigen auch) und hilft weitere Strategien überlegt und gezielt zu planen ohne zu sehr in die emotionalen Zusammenhänge „hereingesogen“ zu werden.
Ich sehe die Mediation als eine super Ergänzung zur systemischen Familientherapie. Zu Beginn der Weiterbildung, diese endet dieses Wochende, tat ich mir sehr schwer, den Prozess laufen zu lassen und nicht stets zu tiefen. Dies entsprach nicht meiner professionellen Haltung. Durch viele Praxisübungen, sowie die Anwendung der Mediation in der täglichen Arbeit konnte ich meinen eigenen Stil entdecken und weiterentwickeln. Interessanterweise kamen mir wieder viele Methoden der phasischen Familientherapie in den Sinn. Ich nutze diese gerne, und kann von der Verbindung der beiden Disziplinen wunderbar profitieren.
Die wertfreie Sicht auf die verschiedenen Perpektiven und Anschaungen der Medianten bzw. Klienten, sowie die bereits beschriebene Sachlichkeit vereinfacht mir in vielen Bereichen den Umgang mit Konflikten.
Die Kehrseite, im privaten Bereich, ist natürlich fehlende Konfliktfähigkeit im „herkömmlichen“ Sinne. Immer wieder erlebe ich wie sehr es mein gegenüber aufregt, wenn ich mich nicht emotional verstricken lasse, und aus der Sicht meines Konfliktpartners den Konflikt abwehre und diesen sachlich austragen möchte. Dies scheint mir für viele Personen nur schwer akzeptierbar. Je nach Sozialisation derer können hierbei ganz andere Konflikte entstehen (Warum bis zu so arrogant? Aha, Psychogelaber? etc. ;-)) Dies scheint mir mit einer guten Portion Humor jedoch gut händelbar zu sein.
Ob die Mediation mein Leben verbessert hat wage ich nicht zu schreiben. Es hat es auf jeden Fall bereichert.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Konflikt und Mediation in den letzten 12 Jahren lässt mich heute Konflikte entspannter und kreativer erleben. Das im Konflikt erlebte „seinen Gefühlen hilflos ausgeliefert zu sein“ hat sich verwandelt in ein „bewusster Umgang mit den eigenen Gefühlen“ und gleichzeitig versuche ich, die Gefühle meines Konfliktpartner Wertzuschätzen und zu respektieren. All das Wissen um Abläufe und Konfliktmodelle macht die Arbeit als Mediatorin kreativ und spannend. Dabei wirkt sich die autentische Haltung am meisten auf die Konfliktparteien aus und wird ihr Leben nachhaltig beeinflussen. Im weiteren denke ich, dass jede echt gemeinte Wertschätzung das Wachsen eines Menschen positiv beeinflusst. Ich bin grad am Schreiben eines Fachartikels zum Thema „Haltung der Mediatoren“ und wäre froh um eine persönliche Stellungnahme von dir.
Vielen Dank für die Fülle an Gedanken, Ideen und Rückmeldungen hier oder per Mail an mich.
Meine Zeit erlaubt es leider nicht, auf inhaltliche Punkte hier einzugehen, obwohl es mich durchaus in den Fingern juckt.
Wenn der Artikel veröffentlicht ist, werde ich hier einen Hinweis posten.
Herzliche Grüße,
milan
Hi milan!
Ich versuche mal, meine Erfahrungen kurz zusammenzufassen!
Also, grundsätzlich würde ich als ausgebildete Mediatorin mit wenig Mediationserfahrung (abgesehen von den Rollenspielen) sagen, dass mir in meinem Privat- und Berufsleben vor allem das Handwerkszeug, das ich während der Ausbildung gelernt habe, viel geholfen hat. Paraphrasieren, Perspektivwechsel, sofortiges Eingehen auf gestisch/mimisch/sonstwie wahrgenommene Emotionen des Gegenübers..
Außerdem weitere Erkenntnisse, die ich in der Ausbildung gewonnen habe bzw. gelernt habe, die mir auch öfters mal im Alltag begegnen/helfen
-in Gesprächen: das Aufeinanderaufbauen und Auswirken vergangener Ereignisse auf gegenwärtige Konflikte, weshalb ich oft versuche, „Ursachenforschung“ (grob) zu betreiben (v.a. auf emotionaler Ebene)
-Dann das zielorientierte Denken (was müsste passieren, dass das anders wird?)-> öffnet einfach wieder für kreative Gedanken und löst ab
-die Klärungsreihenfolge emotionales „Problem“ vor dem Problem auf der Sachebene gibt mir in Zweiergesprächen meist eine gute Gesprächsstruktur vor
-mir fällt inzwischen viel öfters und schneller auf, wenn Menschen mich oder einander auf der Beziehungsebene unterschielich (soz. hierarchisches Gefälle) behandeln, was ggf helfen kann, an den Kern eines Problems zu kommen und dieses anzusprechen –>hier sehe ich einen Knackpunkt in der Beantwortung deiner Frage, da in sehr vielen Systemen hierarchisch gearbeitet wird. Widerspricht das nicht dem Grundgedanken der Mediation? Bzw. ist sie stark genug das zu ändern?
-Wenn ich einem Wertekonflikt begegne, verwende ich wenig Energie auf schnelle Lösungen, sondern versuche eher langfristig anzusetzen (wenn ich eine Lösung überhaupt als im Rahmen meiner Möglichkeiten erachte) das sehe ich für mich auch als Selbstschutz, um mich nicht an dem Konflikt aufzureiben.
-dass ein „Opfer“ bzw. Betroffener von wasauchimmer sich in seiner Rolle gefallen kann und diese auch mißbrauchen kann um den anderen zu erpressen-> wenn ich mich entschuldige bzw. bei Entschuldigungen beteiligt bin (in der Schule) hake ich oft nach, ob sich der andere/das betroffene Kind auch sicher ist, dass das jetzt als Wiedergutmachung ausreicht
Das waren jetzt eher konkrete Wahrnehmungen von mir. Grundsätzlich denke ich, dass der wertschätzende Umgang, den Teilnehmer einer Mediation vom Mediator erfahren, sich immer positiv auf die eigene „Wertschätzkompetenz“ bzw. Selbstwertgefühl auswirkt. Bei mir in der Schule glaube ich schon, dass die Schüler das von mir spüren. Allerdings spüren sie natürlich im Schulalltag auch anderes. Daher würde ich vermuten (und das bestätigen soweit ich weiß ja auch die Studien), dass im System Schule v.a. die in der Schülermediation ausgebildeten SchülerInnen vom Handwerkszeug profitieren.
Ich lass dir ganz viele Grüße hier!!!
Schick mir eine email falls du antwortest!
Katja
Hallo,
ich habe vor einigen Jahren die Mediatorenausbildung bei euch gemacht, und nutze die Methoden im Rahmen meiner Tätigkeit als Vertrauenslehrerin. Anfangs dachte ich, dass diese Ausbildung mir nicht viel Neues bringen könnte und habe mich auch mit den Themen etwas schwer getan, aber sehr hilfreich war, dass wir die Methoden alle üben konnten, was in meinem Studium nur sehr selten vorkam. Neben den Methoden war jedoch die ganz andere Haltung von euch als Leitung für mich das Wichtigste und prägt mich bis heute. Nicht nur für meine Rolle als Lehrerin, sondern auch in meiner Familie, als Ehefrau und Mutter. Man könnte sagen, dass ich die Welt heute mit anderen Augen sehen. Genau genommen war die Mediationsausbildung für mich die beste Lebensschule und sollte Pflichtseminar in der Lehrerausbildung sein.
Beste Grüße, Sarah
Hallo milan
Ich bin in einer Mediationsausbildung und habe wenig Gelegenheit, das Gelernte in konkreten Konfliktsituationen als Mediator anzuwenden. Deshalb konzentriere ich mich hier darauf, was die Ausbildung bei mir an Veränderungen bewirkt hat.
In erster Linie bin ich toleranter geworden. Ich muss nicht mehr so sehr auf meinem Recht beharren, denn ich habe erfahren, dass andere Leute für ihre Position auch viele gute Gründe haben, die ich ohne entsprechendes Nachfragen nicht verstehen kann.
Weiter hilft es mir, die möglichen Veränderungen im Auge zu behalten. Einige Male, so habe ich mit der Ausbildung erkannt, ging es bei Konflikten gar nicht in erster Linie um verschiedene Standpunkte, sondern der vermeintliche „Gegner“ kämpfte mit den gleichen Systemvoraussetzungen wie ich, die wir beide nicht verändern konnten. Das Erkennen dieses Sachverhalts hat zwar nicht das unangenehme Gefühl in der Situation geändert, aber ich konnte den Konflikt mit dem „Gegner“ loslassen.
Dies sind momentan die zwei Hauptpunkte, die mir bewusst geworden sind und von denen ich längerfristig in meinem Alltagsleben profitiere.
Liebe Grüsse und viel Erfolg mit deinem Artikel
Magnus
Die Mediationsausbildung hat definitiv in vielfacher Weise Einfluss auf mein Alltagsleben. Das Zusammespiel von theoretischem Wissen, vielen praktischen Übungen, Intervision, Mediation und insbesondere die individuellen „Übungen zur Steigerung der Performance“ machten die mediative Haltung zu einem Thema, das fortwährend im Hinterkopf aktiv ist. Einige Beispiele aus dem Alltag:
-Wenn ich bemerke, dass ich Menschen oder Sachverhalte negativ bewerte, versuche ich innezuhalten und nach den guten Gründen zu suchen, die zu Verhalten oder Sachverhalten geführt haben können
-Die Frage „welche Bedürfnisse könnten hinter dem Verhalten stehen“ versuche ich bei mir selbst zu ergründen und bei anderen zu verstehen.
-Ich bemerke auch, dass ich nicht gleich Lösungen für eigene Fragen vorschnell erzeugen möchte, sondern länger abwarten und die Fragen von verschiedenen Sichtweisen auszuleuchten.
-Bei persönlichen Entscheidungfragen versuche ich weg vom Entweder-Oder und hin zum Sowohl-Als-Auch zu kommen.
-Wenn mir eine Person dreimal in Folge das gleiche erzählt, weiß ich nun, dass sie sich einfach nicht verstanden fühlen. Und weiß nun auch, wie ich empatischer zuhören kann und mit welchen Fragen ich die wirklich relevanten Infos erfahren kann, damit sich die Person verstanden fühlt
-Wenn Personen andere abwerten (entwertende Übertreibung), versuche ich die positivere Seite des Wertes zu finden und wenn mir eine gute Formulierung einfällt, diese auch zu spiegeln.
-Wenn Personen Gründe für das Verhalten anderer suchen (entwertend), versuche ich noch weitere mögliche Gründe anzubieten, die die vermutete absichtliche „Schädigung“ der Person entschärften können.
-Gelegenheiten zu kleineren Konfliktberatungen im Alltag gibt es ständig. „Du machst doch gerade so eine Mediationsausbildung. Was würdest du an meiner Stelle …“
-Wenn ich mich im Richtig-Falsch-Denken ertappe versuche ich es zu übersetzen in „jetzt gerade (nicht so) passend“
-Das Thema der Verantwortung ist mir auch sehr wichtig geworden. Für meine Gefühle und Stimmungen versuche ich nicht das Verhalten anderer als Ursache zu sehen, sondern als Auslöser, da die Ursache mehr in meinen Bedürfnissen/Erwartungen liegt. Auch die Frage nach „Schuld“ erübrigt sich damit in den meisten Fällen.
-Letztlich glaube ich, dass ich selbst auf Konflikte mit weniger innerer Spannung reagiere. Ich sehe Konflikte eher als natürliches Symptom komplex zusammenhängender Umstände an, denen man konstruktiv begegnen kann. Konflikte geben Hinweise auf Lernfelder und sind eine Gelegenheit, sich selbst und andere besser kennen zu lernen, wenn man sie konstruktiv bearbeitet. Ich glaube, dass dies zu mehr Verstehen und letztlich mehr Harmonie führt, als wenn man Konflikten aus dem Weg geht oder sie gar verleugnet.
Hallo milan,
einige Fortbildungen hatten wir mit Dir einige Erfahrungen schreibe ich gerne auf. Zunächst bleibt festzuhalten, dass es eine große Bereicherung ist, im Rahmen der Mediation die emotionalen Wogen der Konfliktparteien glätten zu können, um dann zum eigentlichen Konflikt vordringen zu können.
Ist bei den Beteiligten die Offenheit vorhanden, den Konflikt tatsächlich lösen zu wollen, bzw. sich auf diesen Lösungsweg einzulassen, ist es eine faszinierende Möglichkeit, im Rahmen der Konfliktbearbeitung auch ein wenig mehr von sich selbst kennenzulernen.
Genauso gilt es aber auch auszuhalten, wenn eine Konfliktpartei sich nicht auf eine Lösung einlassen will, bzw. im Prozess aussteigt. Aus der Sicht von Menschen, die an einer Mediation teilgenommen haben, wird es immer wieder an dieser Begegnung mit sich selbst schwierig. Zuweilen kann es ja sein, dass der sich als benachteiligt Fühlende tatsächlich derjenige war, der den Konflikt verursacht hat.
Was den anderen geholfen hat, hilft natürlich auch mir selbst: Möglichkeiten des Zuhörens, des Verstehens, des Einfühlens in Gesagtes ermöglichen im Lebensalltag einen achtsamen Umgang mit uns selbst. Das gilt es immer zu trainieren.
Hintergrund ist ein Bild von Dir: Der Mediator muss sozusagen das leere Wasserglas sein, welches die Konfliktparteien füllen, indem sie ihr Übervolles Glas zumindest teilweise entleeren. Achtsamkeit bedeutet in diesen Zusammenhang: Was kann ich tun, um im Alltag ein (ziemlich) leeres Wasserglas zu bleiben.
Ich bin dankbar, durch Dich Mediation kennengelernt zu haben.
Lieber Milan,
lang, lang ist’s her, dass wir von einander gehört haben. Aber umso wichtiger ist es für mich, Dir auf Deine Anfrage hin zu antworten.
Ja, die Mediationsausbildung hat sehr vielfältige Auswirkungen:
1. Natürlich die Verbesserung der pädagogischen Bearbeitung von Konflikten zwischen SchülerInnen mithilfe der fünf bzw. sechs Schritte Methode.
2. Nachhaltige Förderung der Kommunikation zwischen den Mitgliedern des Mediatorenteams.
3. Stärkung des Bewusstseins im Gesamtkollegium, dass vor disziplinarischen Maßnahmen pädagogische und Mediations – Verfahren angewendet werden.
4. Was unter gar keinen Umständen vergessen werden darf und was übereinstimmende Erfahrung aller Mediatoren war, ist, dass die Mediationsausbildung sich auch im privaten Umfeld der Mediatoren sehr positiv ausgewirkt hat. Konflikte im privaten und gesellschaftlichen Umfeld konnten sehr viel häufiger konstruktiv und positiv für beide Seiten gelöst werden, ohne dabei gleichzeitig die „reine Lehre eines Mediationsverfahrens“ einhalten zu müssen.
Für mich persönlich war die Mediationsausbildung neben meiner klinischen seelsorgerischen Ausbildung ein wichtiger Baustein sowohl privat als auch für meine Arbeit im konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
Was ich noch dringend anmerken möchte:
ich halte es für unabdingbar, dass ausgebildete Mediatoren sich in Arbeitskreisen vor Ort regelmäßig treffen, vor allem aber immer wieder Impulse von außen bzw. Supervisionen und Fortbildungen bekommen, da sich meiner Beobachtung nach immer stärker eine Gegenbewegung breit macht, die versucht mediatorische und friedenspolitische Handlungsweisen beiseite zu drängen.
Alles in allem: Lieber Milan, nochmals ganz lieben Dank dafür, dass Du u.a. mir diese Fortbildung und diese Sichtweisen hast zukommen lassen, von denen ich heute noch – auch im Ruhestand – zehre.
Liebe Grüße
Friedel
Lieber Milan
erst einmal ein riesiges Dankeschön an dich, dass du so unermüdlich unterwegs (auf der Straße und im Netz) bist für die Mediation. Auch dafür, dass du dir so viel Mühe machst bei der Aus- und Weiterbildung von uns Mediatorenlehrlingen.
>> Das ist für mich schon eine der Auswirkungen der Mediationsausbildung: Wertschätzung dessen, was ich erlebe und diese auch zu äußern
Eine weitere Auswirkung für mich als Mediatorin ist, dass ich unterschiedliche Sichtweisen selber leichter stehen lassen kann und dadurch auch besser bei den Konfliktparteien um Verständnis werben kann. Dies geschieht nicht nur im Setting einer Mediation (was bei mir eher selten ist) als vielmehr auch im Alltag, in der Familie, in Teamsitzungen und ganz besonders in bei der Arbeit mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen.
Auch dabei beobachte ich zwei Ebenen:
– Es gelingt mir, denke ich, recht gut, jedem Jugendlichen SEINE Sichtweise zu lassen, aber ihm auch klar zu machen, dass hier manches ganz anders läuft als in seinem Herkunftsland. Es ist für mich immer ganz spannend die Jungs bei IHREM Entscheidungsprozess zu begleiten, IHREN Weg bei uns zu finden – ihnen zuzugestehen, dass sie nicht alles aufgeben können und dadurch vielleicht auch nicht alle Potentiale, die sich ihnen in Deutschland auftun, zu nutzen.
– Herausfordernd für mich bleibt, dieses Verständnis bei den Jugendlichen für ein Anderessein untereinander zu etablieren, z.B. dass ein afghanischer Muslim anders glaubt, als ein westafrikanischer, dass einer lebhafter ist, als ein anderer,….
In diesen spannungsgeladenen Meetings läuft vieles mediativ ab – ohne eine formal korrekte Mediation zu sein.
Mediation stellt für mich eine Konfliktlösungsstrategie dar, die auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt statt findet. Letztlich ist die Konfliktlösung der Anlass und das Nebenprodukt des Prozesses, der eigentliche Gewinn ist die Beziehungsveränderung – die im Idealfall auch langfristig präventive Konfliktvermeidungsstrategie ist.
Soweit mal – ich „gehe weiter schwanger“ mit dieser Frage.
Liebe Grüße
Barbara
Als Mediatorin sowohl als auch Mediant habe ich Erfahrung in Mediationen gemacht.
Ich beobachte oft, dass die Mediation über die spezifische Lösung hinaus oft stagnierende Momente auflöst – dies muss nicht immer zum Frieden allerseits führen, aber eine Entwicklung / Veränderung wird durch die Mediation ausgelöst. Schon alleine das ist oft erleichternd für die Beteiligten.
Die mediative Haltung hat einen sehr großen Einfluss auf meinen Alltag. Ich habe für mich mehr Klarheit bekommen, was genau ich will, für was ich in Konflikt gehe und wann ich mich kompromissbereiter zeige – es geht in Konflikten mehr um die Bedürfnisse und nicht nur um das pure Festhalten von Positionen. Dadurch entsteht eine Offenheit gegenüber neuen Lösungswegen.
Insgesamt sehe ich Konflikte als positiv und finde Situationen, in denen ich selbst in Konflikten verwickelt bin, ziemlich erträglich, da ich weiß, dass Konflikte Entwicklungen und Veränderungen anstoßen, die den Ist-Zustand erträglicher machen können.
Die Haltung gegenüber Konflikten anderer Kollegen auf der Arbeit oder vonseiten des Arbeitgeber gibt mir schnell einen Einblick, ob ich auf längere Sicht dort bleiben will – oft eskalieren Missverständnisse, fehlende Kommunikation durch Zeitdruck zu persönlichen Vorwürfen und Mißgunst, die das ganze Arbeitsklima belasten können. Als Arbeitnehmerin kann ich hier eine klarere Haltung beziehen: bei fehlender Kommunikationsbereitschaft den Arbeitsplatz wechseln, da schwellende Konflikte unnötig viel Kraft aufbrauchen, die anderswo sinnvoller eingesetzt werden kann.
Im persönlichen Beziehungsbereich muss man aufpassen, nicht immer zu mediativ zu sein – hier verstricke ich mich selbst in Konflikte, die ich zum Teil selbst nicht mehr lösen kann, da mir der klare Blick fehlt. Eine Mediation, bzw. die Anwesenheit einer neutralen Person, die Aussagen noch mit anderen Ohren hören kann und hilft zu übersetzen, kann da sehr entlastend sein. Zudem eine Mediation einen extra Rahmen gibt, bewußt Zeit und Gedanken gemeinsam zu verbringen, um die eigene Beziehung zu reflektieren – schon alleine das kann sehr aufschlußreich sein – zudem man sich noch mehr Mühe gibt, da es Geld kostet.
Insgesamt hilft mir die Mediation, mein eigenes Verhalten und meine Bedürfnisse dahinter zu reflektieren und dadurch auch an mir selbst zu arbeiten. Es hilft mir auch gegenüber anderen Menschen mit komplett andersartigen Verhaltensweisen toleranter zu sein – ich begegne Andersartigkeiten viel neutraler – und mir wird bewusst, wieviele Menschen eigentlich ständig über alles mögliche ihr Urteil abgeben.
Ziel ist es eben nicht mehr, den anderen zu verurteilen, sondern wirklich zu verstehen, warum jemand wie handelt und das möglichst zu wertschätzen. Und das hat natürlich eine ganz andere Wirkung auf das, wie Menschen miteinander umgehen und kann vor allem in Zeiten, in denen viele Menschen von ganz anderen Kulturen kommen, sehr hilfreich sein!
Hallo milan,
du hattest mich gebeten, meinen Kommentar, den ich dir in einer E-mail gesendet hatte, auch hier zu posten. Das mache ich gerne. Ich gespannt auf das Feedback von dir und den anderen.
Deiner These, Mediation habe eine gesellschaftliche Wirkung, stimme ich zu. Mich hat besonders die Philosophie oder konkreter gesagt, das Menschenbild beeinflusst, das Mediation transportiert. Jeder Mensch hat Gründe (Interessen, Bedürfnisse) für sein Handeln und bei sozialen Konflikten geht es zunächst darum, ein Verständnis für die Gründe der Mitmenschen herzustellen. Lange habe ich über deine weitergehende These nachgedacht, dass jeder Mensch gute Gründe für sein Handeln habe. Denn ich denke, dass es auch schlechte Gründe gibt. Das glaube ich zwar nach wie vor. Allerdings – und darin liegt die wesentliche Änderung in meiner Grundeinstellung – ist es für mich nicht relevant, wie die Gründe bewertet werden (besonders von mir). Es ist m. E. sogar besser, die Gründe nicht zu bewerten, sondern sie ohne Beurteilungsschablone aufzuspüren und zu versuchen, sie zu verstehen. Der Begriff ‚Verstehen‘ hat für mich dabei ebenfalls keine normative Komponente. Zurück zu deiner These: Philosophien und ihre Menschenbilder haben immer eine gewisse gesellschaftliche Wirkung, wenn sie weitergegeben und verinnerlicht werden. Das Ausmaß der Wirkung hängt mit der Verbreitung zusammen. Wie groß es ist, ließe sich durch eine empirische Studie feststellen.
Beste Grüße
David
Geschätzter milan
Deiner Einladung kann ich mich – trotz Sommerhitze – nicht entziehen. Nachfolgend einige Gedanken zum gewünschten Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet:
Eigene Einstellung
Mir dient die mediative Haltung regelmässig zur Selbstreflexion – zur eigenen Mitte zurück zu finden. Mittels Betroffenheitschecks tappe ich weniger in Kommunikationsfallen. Mediation entlastet!
Selbständiger Konfliktberater/Ausbildner
Es ist immer wieder von neuem eine Freude zu sehen, in welch kurzer Zeit Auszubildende Fortschritte mit mediativer Haltung erzielen. „Meine (betrieblichen) Konfliktlotsen“ bezeichnen die praxisnahen Workshops/Schulungen in erster Linie als Gewinn fürs Leben und erst in zweiter Linie als betriebliche Wertschöpfung.
Im Bereich der Konfliktprävention fehlt hingegen noch die Bereitschaft für „Investitionen in die Zukunft“ – diesbezügliche Angebote blieben bislang ohne spürbare Resonanz.
Kommunalverwaltung
Ich leite seit wenigen Monaten – neben meiner freiberuflichen Tätigkeit – eine kleine Kommunalverwaltung. Im Umgang mit Behörden, Bürgern, Teamkollegen ist die mediative Einstellung ein komplett neuer Ansatz, der teilweise irritiert. Mit dem Aushandeln gemeinsamer (unterzeichneter) Vereinbarungen anstelle hoheitlicher Verfügungen, beschreiten wir einen neuen Weg im Bürgerkontakt. Es bleibt noch viel zu tun und bietet gleichzeitig ein Entwicklungspotenzial in ungeahnten Dimensionen.
Gerichtspraxis
Die Schweiz kennt seit wenigen Jahren eine eidgenössische Zivilprozessordnung, wo explizit Vermittlung/Mediation als alternatives Vermittlungsverfahren erwähnt ist. Meine bisherigen Recherchen zeigen, dass die praktische Anwendung von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich interpretiert wird. In meinem Wohnkanton jedenfalls zeigte sich die Gerichtsadministration auf telefonische Anfrage hin sehr überrascht; von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Regionen erhalte ich positivere, wenn auch zurückhaltende Rückmeldungen.
Mit Interesse sehe ich deiner Publikation entgegen. Good luck!
Hallo Milan
Ich möchte zu all den Kommentaren nur noch anfügen, dass sich durch meine Mediationsausbildung das Klima in unserer Familie total verändert hat. Wir alle schauen jetzt viel mehr auf die Chancen und sehen in jeder Situation das Gute. Das ist echt wunderbar.
Herzlich Angelika Birgitta